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Gemeinde will Vetorecht: Nach abgesagter Eritrea-Kundgebung in Oberuzwil wird nun die Politik aktiv

Seit Samstag ist Oberuzwil im nationalen Fokus. Eritreische Flüchtlinge drohten aneinanderzugeraten. Das wirft Fragen auf. Nun reagiert die Politik. Gemeindepräsident Cornel Egger will die Schraube anziehen.

Pablo Rohner / Simon Dudle

Demonstrierende am Samstag auf dem Weg zur «Alten Gerbi».
Demonstrierende am Samstag auf dem Weg zur «Alten Gerbi».Bild: Raphael Rohner

Das wegen drohenden Protests abgesagte «Eritrea-Festival» in Oberuzwil hat auf verschiedenen Ebenen ein Nachspiel. Trotz vorgängiger Warnungen durch die Polizei an die Vermieter des Kulturlokals Alte Gerbi hätte am Samstag ein Fest zum Gedenken an den Beginn des eritreischen Unabhängigkeitskriegs stattfinden sollen.

Ähnliche Feste haben in letzter Zeit in verschiedenen Ländern, auch in der Schweiz, für Schlagzeilen gesorgt. Die Konstellation ist immer die gleiche: Anhängerinnen und Anhänger des eritreischen Diktators Isayas Afewerki veranstalten als Kulturfestivals getarnte Propagandaveranstaltungen zu Gunsten des Regimes und rufen damit wütende Proteste aus der eritreischen Diaspora hervor.

Gemeinde will mitentscheiden können

Nach Oberuzwil kamen trotz Abhaltungsversuchen durch die Polizei rund 500 Demonstrierende. Auf der Gegenseite fanden sich gemäss Augenzeugen auch Anhänger der regimetreuen, als gewalttätig geltenden Gruppe «Eri Blood». Schliesslich sagten die Veranstalter das Fest kurzfristig ab.

Gegenüber dem Fernsehsender TVO kündigte Oberuzwils Gemeindepräsident Cornel Egger am Montag eine Besprechung mit dem Stiftungsrat der «Alten Gerbi» an. Als Eigentümerin des Gebäudes wolle die Gemeinde Oberuzwil künftig mehr Einfluss auf die Programmgestaltung des Kulturlokals nehmen.

Noch hat das Treffen nicht stattgefunden. Auf Nachfrage dieser Zeitung sagt Egger jedoch, dass der Gebrauchsleihevertrag zwischen Gemeinde und Stiftung sowieso bald erneuert werden müsse. Dann könne er auch gleich angepasst werden. Er könne sich vorstellen, dass die Gemeinde künftig «bei allen Vermietungen von unbekannten Personen oder Organisationen informiert wird und allenfalls ein Vetorecht erhält».

Keine «kritischen Veranstaltungen» mehr

Zudem sollen in der «Alten Gerbi» keine «kritischen Veranstaltungen» mehr stattfinden. Kritisch sind Anlässe für Egger dann, wenn bei ihnen mit übermässigem Lärm oder Ausschreitungen gerechnet werden muss.

Dass sich die eritreische Gemeinschaft in der Schweiz gegen demokratiefeindliche Veranstaltungen im Namen ihres Herkunftslandes wehrt und diese damit auch sichtbar macht, begrüsst Egger grundsätzlich: «Selbstverständlich darf sich die eritreische Gemeinschaft äussern und aufklärerisch arbeiten.» Besser wäre es jedoch, wenn es gar nicht zu solchen Konfrontationen komme. Die «Alte Gerbi» war am Dienstag für eine Stellungnahme für diese Zeitung nicht erreichbar.

Fragen an die St.Galler Regierung

Auch die Politik wird nun aktiv. Bei Sascha Schmid von der Jungen SVP St.Gallen wirft der vergangene Samstag Fragen auf, mit welchen er nun ihm Rahmen einer Einfachen Anfrage an die Kantonsregierung tritt. Schmid möchte wissen, weshalb eine solche extremistische Veranstaltung trotz bestehender Rechtsgrundlage stattfinden konnte und wie die Verhinderung von ähnlichen Veranstaltungen in Zukunft sichergestellt werden soll. Hintergrund: Aus seiner Sicht bietet das Polizeigesetz seit dem Jahr 2020 die Grundlage, extremistische Veranstaltungen im Voraus zu identifizieren und zu unterbinden.

Laut der Jungen SVP besteht aber auch Handlungsbedarf auf Bundesebene. Schmids Partei fordert in einer Mitteilung ein Verbot von extremistischen eritreischen Organisationen sowie die Prüfung des Entzugs der Aufenthaltsbewilligung für die darin involvierten eritreischen Flüchtlinge. Es dürfe nicht sein, dass fremde Regierungen politischen Einfluss in der Schweiz auszuüben versuchen. Auf keinen Fall dürfe die Austragung von politischen und gewaltsamen ausländischen Konflikten in der Schweiz eine Plattform erhalten. Die Antwort der Regierung steht noch aus.