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Berufsverbot für Pädophile: Wie strikte wird dieses umgesetzt?

Pädophile Täter sollen sich lebenslang von Kindern fernhalten. Nun hat sich der St.Galler SVP-Kantonsrat Sascha Schmid die Strafurteilsstatistik des Bundes angeschaut – und ist dabei über die tiefe Zahl der Tätigkeitsverbote gestolpert.

Pädophile Täter erhalten zusätzlich zur Strafe ein Berufsverbot.
Pädophile Täter erhalten zusätzlich zur Strafe ein Berufsverbot. Bild: Getty

«Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen»: So lautete eine Volksinitiative. 2014 nahm sie das Schweizer Stimmvolk deutlich an. Die Ansage war klar: Wer sich sexuell an einem Kind vergreift, soll nie mehr einen Beruf oder eine Tätigkeit ausüben dürfen, bei der er regelmässig in Kontakt mit Kindern ist. Pädophilen Straftätern ist der Umgang mit Kindern zu verbieten – und zwar lebenslang. Seit 2019 ist die entsprechende Strafbestimmung in Kraft.

So erhält heute jeder Täter, der ein Kind sexuell belästigt oder ihm Schlimmeres antut, zusätzlich zur Strafe ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot. Das gilt auch für Exhibitionisten oder für Personen, die Kinderpornografie konsumieren. Sie alle, ob Lehrer, Sporttrainer oder Lagerleiter, müssen sich einen Beruf oder ein Hobby suchen, bei dem sie nichts mehr mit Kindern zu tun haben. Nur in «besonders leichten Fällen» kann von einem Berufsverbot abgesehen werden.

Nicht jeder Fall landet vor Gericht

Sascha Schmid, St.Galler SVP-Kantonsrat.
Sascha Schmid, St.Galler SVP-Kantonsrat.Bild: Benjamin Manser

Nun hat der St.Galler SVP-Kantonsrat Sascha Schmid einen Blick auf die Urteilsstatistik des Bundes geworfen und dabei festgestellt: 2021 gab es in der Schweiz 241 Urteile wegen sexueller Handlungen mit Kindern und 788 Urteile wegen illegaler Pornografie – beides Delikte, die laut Strafgesetzbuch ein Berufsverbot nach sich ziehen.

Im gleichen Zeitraum seien aber lediglich 232 Tätigkeitsverbote ausgesprochen worden – «davon waren 191 lebenslängliche Verbote», hält Schmid in einem parlamentarischen Vorstoss fest. Diese «Diskrepanz» zwischen der Zahl der Verurteilungen und jener verhängter Berufsverbote hat den Buchser Kantonsrat irritiert – die Zahl der Verbote sei vergleichsweise schon etwas tief.

Kommt hinzu: Schmid hat die NZZ gelesen. Und dort erfahren, dass es in der Praxis Unterschiede von Kanton zu Kanton gibt. In gewissen Kantonen erledigten die Staatsanwälte geringfügigere Sexual- oder Pornografiedelikte mit Strafbefehl. «Das heisst: Sie bringen den Fall nicht vor Gericht und verunmöglichen damit, dass ein Berufsverbot ausgesprochen wird – denn das darf nur ein Richter», schreibt die NZZ. Deshalb fordert Schmid von der Regierung nun einige Auskünfte.

So will er erfahren, welche Delikte an minderjährigen oder besonders schutzbedürftigen Personen von der St.Galler Staatsanwaltschaft direkt erledigt und welche dieser Fälle ans Gericht verwiesen werden. Und er will auch wissen, wie oft ein lebenslanges Tätigkeits- oder Berufsverbot verhängt wird.

Wird der Auszug verlangt – oder nicht?

Das Verbot der beruflichen oder freiwilligen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist in einem Sonderprivatauszug aus dem Strafregister eingetragen. Dieses Dokument könne von Personen verlangt werden, die sich für einen Job in einer Schule, einer Kinderkrippe oder einem Sportclub bewerben, hält Schmid fest. «In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass das Wohl der Kinder und Schutzbedürftigen an erster Stelle steht», so der Kantonsrat, «und dass in der Rechtsprechung der Volkswille umgesetzt wird.» Diese letzte Formulierung erinnert an die Debatten, welche bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative aufgeflammt waren.

Jedenfalls will Schmid auch erfahren, ob bei der Neueinstellung von Lehrerinnen und Lehrern im Kanton St.Gallen automatisch das Vorlegen eines Sonderprivatauszugs verlangt wird. Und ob es eine Empfehlung der Regierung für Kinderkrippen, Sportclubs und so weiter gibt, bei der Anstellung von Personen einen solchen Auszug zu verlangen.