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Eine freundliche Einladung ins Spitalbett: Werdenberg rät Liechtenstein zu Kooperation

Braucht Liechtenstein eigenes Spital? Aus Sicht der Werdenberger Politik ist die Liechtensteiner Patientenschaft in Grabs willkommen.

Armando Bianco

In Liechtenstein wurde in der vergangenen Woche über das geplante Neubauprojekt für ein eigenes Landesspital in Vaduz debattiert. Die Regierung will einen neuen Verpflichtungskredit im Umfang von 78,6 bis 80,6 Millionen Franken beantragen. Dies sind rund zehn Millionen Franken mehr als der ursprünglich im Jahr 2019 von Volk und Landtag Liechtenstein genehmigte Kredit.

Damit nimmt das Fürstentum (wieder einmal) einen neuen Anlauf in der Causa Landesspital. Auch empfiehlt die Regierung, dass auf eine eigene Geburtenstation verzichtet wird. Diese ist im Nachbarland schon seit vielen Jahren ein Zankapfel.

Wunsch nach zusätzlicher Variante

In Liechtenstein gab es schon immer Stimmen, welche die Notwendigkeit eines eigenen Spitals in Fragen stellen, so auch bei der jüngsten Debatte. Ein neues Landesspital, das in Konkurrenz zum Spital Grabs steht, sei auch heute abzulehnen, sagte kürzlich Patrick Risch, Fraktionssprecher der Partei Freie Liste, gegenüber dem «Liechtensteiner Vaterland».

Sein Wunsch: die Regierung soll zusätzlich eine Variante zur Kooperation mit der Spitalregion Rheintal Werdenberg Sarganserland vorlegen. Und das Gespräch suchen, bevor es zu einer weiteren Volksabstimmung kommt. «Damit die Optionen bekannt sind und um zu vermeiden, dass wir im Falle einer Ablehnung nur noch aus einer Bittstellerposition heraus agieren können», so Patrick Risch.

Das Land wäre ein «hochwillkommener Partner»

Es drängt sich die Frage auf, wie Politikerinnen und Politiker aus der Region Werdenberg die Sache einschätzen. Der Grabser FDP-Kantonsrat Christian Lippuner sieht das Fürstentum Liechtenstein als «hochwillkommenen Partner für eine gemeinsame Spital- und Angebotsplanung».

Es liege ihm aber fern, dem Land Ratschläge zur Spitalplanung zu erteilen. «Ich kann sehr gut verstehen, dass die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner ein gewisses medizinisches Leistungsangebot im eigenen Land abgedeckt haben möchten». Ein eigenes Landesspital schliesst seines Erachtens aber eine enge Kooperation mit dem Spital Grabs nicht aus.

Mit Blick auf die Ostschweizer Spitallandschaft sind für ihn die Zeiten von vielen kleinen Landspitälern mit breitestem Leistungsangebot «definitiv vorbei». Um eine hohe Qualität bei gleichzeitiger Kosteneffizienz zu gewährleisten, müssten bei komplizierten Eingriffen die erforderlichen Fallzahlen erreicht werden.

Im Kanton St. Gallen habe sich diese Erkenntnis erst spät durchgesetzt, so Christian Lippuner weiter. «Die aktuellen Spitaldefizite sind der verspäteten Anpassung der kantonalen Spitalstrategie geschuldet.»

Kosten, die ausser Kontrolle geraten

Der Buchser SVP-Kantonsrat Sascha Schmid ist der Meinung, dass von einer Zusammenarbeit beide Seiten profitieren würden. «Trotz unmittelbarer Nähe und der Tatsache, dass drei der vier Kinder des Erbprinzen im Spital Grabs geboren wurden, betreiben sowohl der Kanton St. Gallen als auch das Fürstentum eigene Spitäler. Dies verursacht auf beiden Seiten hohe Kosten.»

SVP-Kantonsrat Sascha Schmid, Buchs.
SVP-Kantonsrat Sascha Schmid, Buchs.

Der Spitalregion Rheintal Werdenberg Sarganserland drohe ohne staatliche Finanzspritzen der Konkurs, so der SVP-Kantonsrat weiter.

In Vaduz geraten derweil die Kosten für den Neubau des Landesspitals ausser Kontrolle.

Zu spät sei es aber noch nicht. Von einer gemeinsamen Spitalplanung würden beide Seiten bei der Versorgungsqualität und Auslastung, sowie tieferen Kosten profitieren.

«So wie es schon vor 100 Jahren der Fall war»

EVP-Kantonsrat Hans Oppliger aus Frümsen nimmt in seinem Statement gegenüber dem W&O eine Gemeinsamkeit auf, die sich aktuell zum 100. Mal jährt, den Zollvertrag zwischen der Schweiz und Liechtenstein. «Mit einer gemeinsamen Strategie könnten wir uns in Zukunft auch im Bereich des Gesundheitswesens gegenseitig stärken und die Leistungen optimal den sich verändernden Bedürfnissen der Bevölkerung anpassen, so wie es beim Zollvertrag schon seit 100 Jahren der Fall ist.»

In Zukunft werde es zunehmend wichtiger, dass ein Spital für gutes Personal genug attraktiv sei. Dabei spielen neben den Arbeitsplätzen berufliche Entwicklungschancen und eine attraktive Wohnregion eine immer wichtigere Rolle, glaubt Hans Oppliger. Ein grösseres Einzugsgebiet erlaube dem medizinischen Personal dank «mehr Fällen mehr Erfahrung durch Übung».

Was Hans Oppliger von der St.Galler Seite erwarten würde:

Dass man besser auf die gegenseitigen Bedürfnisse eingeht als in der Vergangenheit.

Kooperation als der richtige Weg

«Das Spital Grabs ist sicher offen für jede Form von Kooperation», sagt Kantonsrätin Barbara Dürr (Die Mitte) aus Gams. Dass sich ein eigenständiger Staat ein eigenes Landesspital wünscht, ist für sie nachvollziehbar und legitim.

«Doch Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner lassen sich auch traditionell im Spital Grabs behandeln, das auf der Liechtensteiner Liste der Vertragsspitäler ebenfalls als Grundversorgungsspital aufgeführt wird.» Sie verweist auch auf den Umstand, dass zur Gewährung einer umfassenden Gesundheitsversorgung Liechtenstein zudem mit dem Kantonsspital Graubünden zusammenarbeitet.

«Es ist bekannt, dass der wirtschaftliche Betrieb eines Spitals eine grosse Herausforderung ist. Das Landesspital wird deshalb die Zusammenarbeit mit anderen Spitälern weiter pflegen und ausbauen», blickt Barbara Dürr nach vorne.

Spitalregion signalisiert klare Bereitschaft

Das kantonale Spital Grabs erweitert das Angebot und es werden zusätzliche Gebäude errichtet. Diese sind nötig, um die medizinische Versorgung sicher zu stellen, heisst es auf St. Galler Seite. «Warum soll in unmittelbarer Nähe also ein zusätzliches Spital gebaut werden, wenn erkrankte oder verunfallte Menschen aus Liechtenstein schon heute nach Grabs oder direkt nach St. Gallen oder Chur verlegt werden», so die Rhetorik der Grabser SP-Kantonsrätin Katrin Schulthess.

Ihr Vorschlag lautet:

Wie wäre es, wenn zum Beispiel in Liechtenstein ein spezifisches Kompetenzzentrum entwickelt würde das komplementäre Angebote schaffen würde?

Synergien nutzen und ergänzende Angebote sind nach ihrer Meinung angesagt. Medizinisches Fachpersonal zu finden sei zudem länderübergreifend einfacher zu bewerkstelligen.

«Von Seiten der Führung der Spitalregion Werdenberg Sarganserland wird Gesprächs- und Kooperationsbereitschaft klar signalisiert», so Katrin Schulthess.