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«Versteckte Subventionen», «verspäteter Aprilscherz»: Politiker kritisieren die Pläne der St.Galler Regierung, Olma-Gastkanton zu werden

Nachdem das Tessin kurzfristig abgesagt hat, soll St.Gallen Gastkanton der Olma 2024 werden. Politiker von links bis rechts reagieren empfindlich. Zuletzt ist bereits viel Geld vom Kanton an den Messeveranstalter geflossen.

Jochen Tempelmann

Das Tessin will nicht an die Olma. Jetzt soll der Kanton St.Gallen einspringen.
Das Tessin will nicht an die Olma. Jetzt soll der Kanton St.Gallen einspringen. Bild: Benjamin Manser

Eigentlich war bereits alles vereinbart: 2024 sollte das Tessin der Ehrengast der Olma sein. Doch am Dienstag teilte der Kanton St.Gallen mit, dass sich der Südkanton kurzfristig zurückzieht. Stattdessen springt St.Gallen selbst ein – und will sich an der Messe als Gastkanton präsentieren.

Rund 1,2 Millionen will der Kanton für den Auftritt ausgeben. Doch das letzte Wort zur Beteiligung von St.Gallen ist noch nicht gesprochen. Nachdem der Kanton den Olma Messen erst vor kurzem mit der Umwandlung eines Darlehens in Eigenkapital unter die Arme gegriffen hat, hält sich die Freude im Kantonsrat über die zusätzliche Olma-Beteiligung in Grenzen.

Dem Tessin ist es zu teuer

«Der Kanton Tessin muss seine Zusage aufgrund der finanziellen Lage auf einen späteren Zeitpunkt verschieben», heisst es in der Mitteilung des Kantons St.Gallen. Um wie viel Geld es dabei ging, bleibt unklar. Katrin Meyerhans, Bereichsleiterin Messen bei den Olma Messen, erklärt, üblicherweise würden die Kantone 1 bis 1,5 Millionen Franken für ihren Auftritt ausgeben.

Katrin Meyerhans, Bereichsleiterin Messen der Olma Messen.
Katrin Meyerhans, Bereichsleiterin Messen der Olma Messen.Bild: Michael Huwiler

«Natürlich haben wir den Rückzug bedauert», sagt Meyerhans, aber: «Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.» Für 2024 musste jedoch eine neue Lösung gesucht werden. «Bei der Suche nach den Gastkantonen darf die Olma auf die Unterstützung des Kantons St.Gallen zählen», sagt Meyerhans. «Die Regierung hat sich überlegt, ob sie einen anderen Gastkanton suchen soll oder ob die Gemeinden und der Kanton selbst auftreten sollen.» Angesichts der Ausgangslage habe man sich dazu entschieden, die Lücke als Chance zu sehen.

Regierung sieht Auftritt als Chance

Auf den Gastkanton zu verzichten, war wohl keine Option: Der Ehrengast ist ein integraler Teil der Messe. «Die Suche ist manchmal einfacher, manchmal schwieriger», sagt Meyerhans. Aktuell seien die ordentlichen Budgets vieler Kantone enger und die Mittel der Lotteriefonds knapper geworden, beobachtet die Bereichsleiterin Messen. Zuletzt musste die Stadt St.Gallen einspringen, als es 1999 keinen Gastkanton gab. Der Kanton St.Gallen präsentierte sich zuletzt 1991 an der Olma.

Regierungsrat Beat Tinner, Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements.
Regierungsrat Beat Tinner, Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements.Bild: PD

Der Kanton zu Gast bei sich selbst? Regierungsrat Beat Tinner findet das keine schlechte Idee. Zum «SRF Regionaljournal» sagt der Vorsteher des Volksdepartements: «Wir sind nicht Lückenbüsser. Es ist eine grossartige Gelegenheit für Kanton und Gemeinden, sich präsentieren zu können.» Tinner bezweifelt, dass alle Bürgerinnen und Bürger jede Ecke ihres eigenen Kantons kennen.

«Das ist eine ausgezeichnete Ausgangslage, für die Sonderschau wie auch für den Samstagsumzug.»

Von den 1,2 Millionen Franken, die der heimische Gastauftritt kostet, soll etwa eine Million aus dem Lotteriefonds kommen. Den Restbetrag sollen die Gemeinden beisteuern.

Der Kanton in mehreren Rollen

Die Suche nach dem Ehrengast zeigt, wie eng Kanton und Olma Messen verbunden sind. Gleich mehrfach waren die Olma Messen, die im Rahmen der Pandemie in finanzielle Schieflage geraten sind, auf Hilfe von Kanton und Stadt angewiesen. Beide sprachen für die Krisenbewältigung Darlehen in Höhe von je 8,4 Millionen Franken. Nachdem dies für die finanzielle Sanierung nicht genügte, beschlossen Stadt- und Kantonsparlament, die Kredite in Eigenkapital umzuwandeln. Zudem sind der Kanton und viele Gemeinden bereits seit langem Genossenschafter.

Schon auf die Krisen-Geldspritze reagierten viele Mitglieder des Kantonsrats mit wenig Wohlwollen. Nun dürfte zumindest ein Teil der 1,2 Millionen letztlich in der Olma-Kasse landen. Denn, wie der Kanton in seiner Mitteilung erklärt: «Die Konzeptarbeiten führen die Olma Messen im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem Kanton aus.»

SVP wittert versteckte Subventionen

Katrin Meyerhans betont, dass die Corona-Hilfen und die Beteiligung als Gastkanton zwei unterschiedliche Dinge seien. Mit Ersterem habe der Kanton nicht die Herbstmesse namens Olma, sondern das Unternehmen, die Olma Messen, unterstützt. Diese Sichtweise trifft aber nicht bei allen Parteien auf Verständnis – und der Kantonsrat hat das letzte Wort. Darüber, ob die Regierung eine Million aus dem Lotteriefonds sprechen darf, entscheidet das Parlament.

Sascha Schmid, Kantonsrat SVP.
Sascha Schmid, Kantonsrat SVP.Bild: Benjamin Manser

Bei der SVP hat man zumindest noch Fragen. Kantonsrat Sascha Schmid sagt: «Wir sind Miteigentümer und lancieren gleichzeitig mit ziemlich viel Geld einen Auftritt. Da steht die Frage, ob das nicht versteckte Subventionen sind, zumindest im Raum.» Die grösste Sorge sei derzeit, dass man nicht wisse, wie viel der Kanton St.Gallen im Vergleich zu anderen Kantonen für seinen Auftritt ausgibt, so Schmid. Natürlich habe der Kanton St.Gallen viel zu bieten, aber: «Wir wollen noch Antworten, ehe wir der Finanzierung zustimmen.»

Grüne üben scharfe Kritik

Noch deutlicher wird Thomas Schwager von den Grünen: «Wenige Tage vorher hätte ich diesen Antrag der Regierung als knapp verspäteten Aprilscherz abgetan», sagt der Kantonsrat. Die Grünen waren bereits mit der Darlehens-Umwandlung unzufrieden, enthielten sich schlussendlich aber bei der Abstimmung. «Damit verbunden war aber auch die Erwartung, dass dies der letzte finanzielle Beitrag des Kantons war.»

Dass jetzt noch einmal Geld aus dem Lotteriefonds an die Olma fliessen soll, hält Schwager für falsch und zieht einen Vergleich: Der Kanton habe 500’000 Franken aus dem Fonds als Rahmenkredit für die Opfer des Ukrainekriegs gesprochen. «Ich bin nicht gegen die Olma», sagt Schwager. «Aber vor diesem Hintergrund mehr als das Doppelte als Wirtschaftsförderung über den Lotteriefonds abzuwickeln, ist jenseits von Gut und Böse.»

Persönlich werde er dem Beitrag zulasten des Lotteriefonds nicht zustimmen, sagt der Grünen-Politiker. «Ich kann mir nicht vorstellen, der Einzige zu sein.» Auch bei der SP zeigt man sich kritisch. Kantonsrat Ruedi Blumer sagt zum Fernsehsender TVO, er könne nicht verstehen, dass der Kanton schon wieder einspringe. «Der Kanton hat bereits zirka zehn Millionen Franken investiert», sagt der SP-Politiker:

«Jetzt noch einmal nachzudoppeln, geht nicht.»

Die FDP scheint hingegen wenig Einwände zu haben. Kantonsrat Ruben Schuler betont auf Anfrage von TVO, dass die beiden Beiträge nicht vermischt werden dürfen, und sieht die Teilnahme als Gastkanton als Chance. Welche Position sich im Parlament durchsetzen wird, ist noch offen. Und damit auch, ob St.Gallen am Ende zu Gast im eigenen Kanton sein wird.

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