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Vorhang auf für die Gegenargumente

«Bschiss», «Betrug», «Armutszeugnis» und «Flickwerk»: Es gibt nicht nur Begeisterte, was die Sanierung des Stadttheaters angeht. SVP, JSVP, Jungfreisinnige und ein Vertreter der UP (Unabhängigkeitspartei) kritisieren dabei Variantenlosigkeit in der Planung, überbordende Finanzen und vor allem die ursprüngliche Idee, das Ganze ohne Volksabstimmung über die Bühne gehen zu lassen.

Noah Menzi, Sascha Schmid, Esther Friedli und Lukas Grossenbacher.
Noah Menzi, Sascha Schmid, Esther Friedli und Lukas Grossenbacher.

Besonders die jungen politischen Vertreter machen Druck. Es gibt Leute, die behaupten, dass die SVP reflexmassig «Es isch z tüür!» ruft, wenn es um Kulturangelegenheiten geht. In diesem Fall muss allerdings gesagt werden: Bei einer Investition dieser Grössenordnung ist eine Volksabstimmung eigentlich das Mindeste. Esther Friedli, Kantonale SVP-Parteisekretärin, ist eine vehemente Gegnerin des Projektes: «Das Ratsreferendum ist dank den 40 SVP-Mitgliedern im Kantonsrat und drei weiteren Einzelstimmen zustande gekommen.»  Sie kritisiert die Kostenstruktur scharf. «Vor einigen Jahren war noch von acht bis vierzehn Millionen die Rede, heute sind es fast 50. Die SVP ist mit sämtlichen Anträgen im Kantonsrat gescheitert.» Sie redet von einer «unehrlichen» Haltung. Besonders stört alle Anwesenden der massive Aufwand für die Honorare – satte zehn Millionen Franken sollen dafür ausgegeben werden. Das ginge sicher auch billiger, meinen die Gegner unisono. Sascha Schmid, Präsident Junge SVP Kanton St.Gallen, geht hart mit dem Anliegen ins Gericht. «Es ist nicht mit fairen Karten gespielt worden. Dass kein Plan B existiert, kann schlicht nicht sein. Jeder Manager in der Wirtschaft denkt in Varianten. Für den Besucher des Theaters gibt es eigentlich keinen Mehrwert, er wird kaum etwas von der Sanierung merken.» Schmid nimmt sogar den Ausdruck «dekadent» in den Mund.  Ein Neubau etwa sei nicht einmal geprüft worden. «Andere Varianten wurden bewusst aus dem Spiel gelassen», so Schmid. Er plädiert daher für ein klares Nein.

UP mit im Boot

Die UP (Unabhängigkeitspartei) ist plötzlich an vielen Fronten aktiv. Lukas Grossenbacher wohnt in St.Gallen, eine kantonale Sektion gibt es noch nicht. «Wir von der Unabhängigkeitspartei sind der Meinung, dass sich der Staat auf den Schutz von Leben und Eigentum beschränken soll. Jeder Franken, den der Kanton St.Gallen nicht für unnötige Ausgaben ausgibt, kann von seinen Bürgern nach eigenem Gutdünken für diejenige Dinge ausgegeben werden, die Ihnen den grössten Nutzen bringen.» Kulturförderung sei keine staatliche Aufgabe, und der Staat sollte nicht bestimmen, welche Formen von Kultur «gut» sei und und gefördert werde und welche nicht. Noah Menzi, Präsident Jungfreisinnige Kanton St.Gallen, sieht einen grösseren Zusammenhang. «Speziell die FDP hat sich auf die Fahne geschrieben, vom Nehmer- zum Geberkanton zu werden und dennoch unterstützt die Partei diese Vorlage an vorderster Front.»  Als einer der Hauptempfänger des Finanzausgleichs widerstrebe es dem Gemeinsinn, wenn die Mittel in dieser Form ausgegeben würden. «Weiter werden mit solch konzentrierten Subventionen der Fortschritt und die Kulturvielfalt gelähmt. In unserer digitalen Zeit ist es schon lange etabliert mittels Crowdfunding nach freiwilligen Spenden Ausschau zu halten.»

Junge machen Druck

Es fällt auf: Ein Teil der jungen Generation kritisiert und hinterfragt den Staat und seine Leistungen immer mehr. Soziale Medien werden verfolgt, Demos sind okay – aber abstimmen, das wollen sie nicht. Gerade einmal 17 Prozent der unter 30-Jährigen beteiligten sich an der Abstimmung zur Masseinwanderungsinitiative – bei anderen Anliegen sieht es noch düsterer aus. Dahinter steckt nicht nur Desinteresse, sondern oft auch eine desillusionierte Haltung. Die Prinzipien der neuen, neoliberalen Arbeitswelt sind ihnen allerdings eingepflanzt worden, das Bekenntnis zu wettbewerbsorientierten und erfolgsorientierten Prinzipien hat ihnen die Generation zuvor schmackhaft gemacht. Egoismus? Der Staat hat lange geschlafen, weil seine heutige Ausprägung nie wirklich hinterfragt worden ist. 

Die junge SVP, die Jungfreisinnigen und im Speziellen die Vertreter der Unabhängigkeitspartei ändern das. Das Staatsverständnis von Ihnen geht mehr in eine basische Ausrichtung, für die UP sollen gar nur noch Grundaufgaben übernommen werden. Parteitage und Informationsveranstaltungen sind ungefähr so hip wie Zahnarztbohrungen. Doch es gibt andererseits schweizweit auch 70 Jugendparlamente. 1500 Jugendliche engagieren sich darin. Und diese machen Druck. 

Es ist aber jetzt schon absehbar: Die jungen rechten und linken Politiker nähern sich nicht an, sondern die Gräben sind noch tiefer geworden. JUSO und Junge SVP liegen ganze Galaxien auseinander – die Distanz bei den Jungen ist nicht kleiner, sondern grösser geworden.

Originalartikel