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Absage an «Luftschloss» Expo

Ein St. Galler Komitee mit Vertretern vor allem aus SVP und EDU lehnt den Kredit für die Machbarkeitsstudie zur Expo 2027 ab. Ein solcher Grossanlass sei unzeitgemäss, nicht nachhaltig und ein Fass ohne Boden, lauten die Hauptgründe.

MARCEL ELSENER

ST. GALLEN. Sie sind zurück auf der politischen Bühne: Esther Friedli, gescheiterte SVP-Regierungsratskandidatin und Lebenspartnerin von Toni Brunner, und ihr ebenfalls erfolgloser Konkurrent im Regierungswahlkampf, Andreas Graf von Parteifrei SG. Seite an Seite werben sie an der Spitze des St. Galler Expo-Nein-Komitees für eine Absage an den Fünf-Millionen-Kredit, der am 5. Juni zur Abstimmung kommt. Ein Engagement, das sich abgezeichnet hat, wie Esther Friedli gestern vor den Medien sagte: «Ich wurde vor und nach der Wahl mehrfach darauf angesprochen.» Kein Zufall also, dass das Komitee vergangene Woche in Friedlis Wohnort Ebnat-Kappel gegründet wurde. Im Co-Präsidium figurieren ausserdem SVP-Nationalrätin Barbara Keller-Inhelder, die SVP-Kantonsräte Toni Thoma und Sascha Schmid (JSVP) sowie EDU-Kantonalparteipräsidentin Lisa Leisi. Das Komitee sei über die SVP hinaus «breit abgestützt», betonte Friedli, jedoch wollten Vertreter anderer Parteien «nicht an vorderster Front auftreten». Nebst alt CVP-Kantonsrat Werner Ritter und Jung-FDP-Mann Christoph Graf finden sich auf der Liste der Gegner bisher kaum Namen anderer Bürgerlicher und keinerlei Grüne oder Linke.

«Überholte Idee» ohne Nutzen

Die gemeinschaftsstiftende Idee einer Landesausstellung habe zwar Tradition, sagte Esther Friedli. «Die Expo 02 hat jedoch gezeigt, dass sich die Idee überholt hat und ein mit Steuergeld finanzierter Vergnügungspark ohne jegliche Nachhaltigkeit nicht mehr zeitgemäss ist.» Das belegten die Besucherzahlen: Trotz Bevölkerungswachstum sei die Landi 1939 besser besucht gewesen als die jüngste Landesschau. Nun gehe die Expo 2027 in «eine ähnliche Richtung» wie die «stark auf Konsum» ausgerichteten Arteplages, meinte Friedli. Einen nachhaltigen Nutzen gebe es nicht, zumal die strengen Umweltvorschriften fast nur temporäre Bauten zuliessen. Und für den Aufschwung des Gewerbes solle der Staat «besser Innovationen und Freiheiten fördern».

Der Anschub einer positiven Entwicklung für die Ostschweiz sei «im vorliegenden Siegerprojekt nicht ansatzweise erkennbar», doppelte Andreas Graf nach. Die Expo bringe «weder einen kurz-, mittel- noch langfristigen Nutzen für die Wirtschaft und keinen gesellschaftlichen Mehrwert», sondern sei ein «oberflächliches Strohfeuer» und ein «aufpolierter Jahrmarkt», von dem nicht die arbeitende Bevölkerung, sondern nur das «Wirtschaftsestablishment» profitiere, sagte Graf.

«Herausgeworfenes Geld»

Das meist genannte Argument der Gegner sind allerdings die Kosten für den von Sparpaketen gebeutelten Kanton – «herausgeworfenes Geld» (Leisi) für ein «Luftschloss» (Schmid). Bei mutmasslichen 2 Milliarden Franken, von denen der Bund höchstens 1 Milliarde trägt, blieben dem Kanton St. Gallen gemäss prozentualem Trägeranteil 570 Millionen Franken, wie Toni Thoma vorrechnete. Ein horrender Betrag für ein «Sommerfest» und ein «Fass ohne Boden» für den Steuerzahler, wogegen steigende Ausgaben im Asylbereich oder fürs Staatspersonal sowie Investitionen in Bildungs- und Gesundheitsbauten anstünden.

Angesichts von fünf Vollzeitstellen und vier Jahren Vorarbeit gehe es beim Kredit für die Machbarkeit um eine «Grundsatzabstimmung», sagte Thoma. Deshalb wolle der St. Galler Kantonsrat das Einverständnis der Bürger einholen. «Wir wissen doch heute schon, dass wir uns die Expo nicht leisten können.» Statt sich in dieses «Abenteuer» zu stürzen, solle sich der Kanton auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Als Beispiele für sinnvollere Investitionen nannten die Expo-Gegner die geplante Mittel- und Hochschule für Informatik oder autarke Energieversorgungen von Gemeinden.

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